Grafik_Kurve.svg

Employer Branding: Notwendig oder Nice-to-Have?

Nicht nur angesichts der medialen Aufmerksamkeit, sondern auch durch selbst gemachte Erfahrungen gewinnt das Personalmanagement in vielen Unternehmen an Bedeutung. Das grundlegende Ziel lautet: 

Die Personaldeckung sichert die langfristigen Wachstumsziele.

Employer Branding ist dabei eine der wenigen Lösungen, die Unternehmen selbst in der Hand haben, um sich im stärker werdenden Wettbewerb zu behaupten. In unserem Blogbeitrag gehen wir darauf ein:

  • wie Sie Ihre Situation am Arbeitsmarkt selbst reflektieren können
  • was Employer Branding bedeutet
  • wie ein Employer Branding Prozess aufgebaut ist
  • und wie sich Employer Branding und Personalvermittlung auch kostenseitig unterscheiden

Die Situation verstehen und einschätzen

Außer Frage steht, dass der demographische Wandel den Arbeitsmarkt beeinflusst. Mit dem jetzt beginnenden Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter entsteht eine Lücke, die durch das Nachrücken der jüngeren Generationen nicht geschlossen werden kann. Studien gehen davon aus, dass mit Ablauf des Jahres 2035 deutschlandweit etwa fünf bis sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen könnten. 

Außer Frage steht allerdings auch, das nicht alle Branchen gleich stark von diesen Auswirkungen betroffen sein werden. Die Industrie- und Handelskammern in Hessen haben vor diesem Hintergrund das „Projekt Fachkräftemonitoring“ ins Leben gerufen, über das Entwicklungs-Szenarien des Arbeitsmarktes in Hessen nach Wirtschaftszweigen, Regionen und Berufsgruppen individuell dargestellt werden können:

Zum IHK Fachkräftemonitor

Die Prognosen bekräftigen, dass die Umverteilung von Angebot und Nachfrage an Fachkräften mittel- bis langfristig fast alle Unternehmen betreffen wird. Es ist aus unserer Sicht allerdings wichtig, nicht in Aktionismus zu verfallen. Der kluge Weg führt zunächst über eine objektive Betrachtung der Situation, um die für das eigene Unternehmen richtigen Entscheidungen zu treffen:

  1. Wie viel Manpower benötigen Sie, um Ihre langfristigen Wachstumsziele zu erreichen?
  2. Wie ist die Altersstruktur Ihres Unternehmens? Welche Veränderungen (Rente, …) werden sich wann ergeben?
  3. Wie hoch ist Ihre Fluktuation?
  4. Welcher zusätzliche Personalbedarf resultiert daraus?
  5. Welche Veränderungen in Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern bemerken Sie jetzt bereits?
  6. Welche Informationen können Sie aus den Hochrechnungen des Fachkräftemonitors gewinnen?

Die Antwort auf diese Fragen ergibt in der Zusammenschau eine erste Orientierung über die Notwendigkeit eines strukturierten Personalmanagements in Ihrem Unternehmen. In der Folge gilt es zu abzuwägen, wie dringlich der Handlungsbedarf tatsächlich ist und welche Maßnahmen sinnvollerweise zum Einsatz kommen.

Grundsätzlich stehen zur Deckung des Personalbedarfs zwei Optionen zur Verfügung:

  1. der Aufbau einer Arbeitgebermarke und
  2. die Personalvermittlung

Was ist Employer Branding?

Per Definition umfasst die Arbeitgebermarke 

„[…] das Wertesystem eines Unternehmen und seine Art zu agieren. Das Ziel ist es, derzeitige und potentielle Angestellte anzuziehen, zu motivieren und zu halten.“ 

Die Arbeitgebermarke hat demnach im Wesentlichen die Aufgabe, die Stärken eines Unternehmens mit den vorherrschenden Bedürfnissen der aktuellen und potentiellen Belegschaft in eine gewinnbringende Übereinstimmung zu bringen. Employer Branding bedient sich dazu zweierlei Ansätze, die in der Herangehensweise einen unterschiedlichen Fokus setzen:

Internes Employer Branding
Das Ziel von internem Employer Branding ist es, die Mitarbeiterbindung durch die Steigerung der Arbeitszufriedenheit und Verbesserung der Arbeitsbedingungen positiv zu beeinflussen. Die resultierende Senkung der Fluktuation wirkt sich dabei nicht nur unmittelbar auf die Personaldeckung, sondern ebenso auf Aspekte wie Wissenserhalt und die persönliche Pflege langjähriger (Kunden)Beziehungen aus. 

Externes Employer Branding
Das primäre Ziel von externem Employer Branding ist die Gewinnung neuer Mitarbeiter. Durch die authentische Kommunikation der Stärken soll die Arbeitgeberattraktivität erhöht und dadurch sowohl Quantität als auch Qualität der Bewerbungen gesteigert werden. In Folge sinken die Recruitingkosten und der Recruitingaufwand. 

Die Employer Branding Strategie

Wenn Sie nun einen Fachkräftebedarf erkennen und in Folge Maßnahmen zum Recruiting veröffentlichen (Stellenanzeige, ...), werden Sie feststellen, dass die Wirkung im derzeitigen Arbeitnehmermarkt wahrscheinlich hinter den von früher gewohnten Responsen zurückbleibt. Denn ähnlich wie Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern haben, haben Fachkräfte heute die Wahl zwischen verschiedenen an ihnen interessierten Arbeitgebern. Im Vergleich der Angebote kommen die selben Mechanismen zum Einsatz, wie beim Kauf eines Produktes: 

  • Welche Informationen finde ich zum Unternehmen?
  • Wie ist es um die Online-Rezensionen des potentiellen Arbeitgebers bestellt?
  • Für welche Werte steht das Unternehmen ein?

Von der ersten Aufmerksamkeit über die Informations- und Bewerbungsphase bis hin zum erwartbaren Arbeitsumfeld stehen eine Vielzahl unterschiedlicher Parameter zur Verfügung, die die Wahrnehmung beeinflussen können. Den Zuschlag erhält der Arbeitgeber, der authentisch und umfassend eine höchstmögliche Übereinstimmung mit den persönlichen Bedürfnissen vermitteln kann. 

Ziel der Employer Branding Strategie ist es daher, Unternehmen ganzheitlich und kanalübergreifend als Arbeitgeber zu positionieren, eine Alleinstellung zum Wettbewerb zu entwickeln und das Profil nach innen und außen attraktiv darzustellen. 

Strukturiert geführte Employer Branding Prozesse lassen sich dazu im Allgemeinen in drei Phasen unterteilen:

  1. Analyse der Ausgangssituation
  2. Definition von Zielgruppen und Positionierung als Arbeitgeber
  3. Kommunikation und Implementierung

Analyse der Ausgangssituation

Wie eingangs bereits erwähnt, besteht eine wesentliche Aufgabe der Arbeitgebermarke darin, die Stärken des Unternehmens und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in Einklang zu bringen. Eine Studie des Jobnetzwerks XING hat vor diesem Hintergrund die wesentlichen Treiber der Arbeitszufriedenheit identifiziert: 

  • Sicherheit des Arbeitsplatzes
  • Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten
  • Verantwortungsspielraum und Freiräume
  • Anerkennung und Wertschätzung
  • Leistungsorientierte Entlohnung
  • Flexible Arbeitszeitgestaltung und -modelle
  • Inspirierendes und interessantes Arbeitsumfeld
  • Sozialkompetenzen und verbindliche Führung
  • Lückenlose Kommunikation
  • Authentizität und Glaubwürdigkeit
  • Organisatorische Reibungslosigkeit
  • Identifikation mit dem Arbeitgeber 

Der schnellste Weg, um zu erfahren, wie Ihre Belegschaft die derzeitige Arbeitssituation im Hinblick auf den Erfüllungsgrad dieser Bedürfnisse einschätzt, führt über eine anonyme Mitarbeiterbefragung. Gegenstand solcher Untersuchungen sind in der Regel:

  • Demographische und soziographische Kriterien 
  • Arbeitszufriedenheit mit einzelnen Leistungsaspekten
  • Gesamtarbeitszufriedenheit
  • Weiterempfehlungsbereitschaft
  • Gründe für die Wahl des Arbeitsplatzes
  • Image- bzw. Wahrnehmungsprofil
  • Offene Fragen zu Kritikpunkten, Stärken und Entwicklungsoptionen 

Eine Unterscheidung in Management, Führung und Belegschaft hilft darüber hinaus, Diskrepanzen in der Wahrnehmung sichtbar zu machen. 

Ein weiterer Aspekt der Analyse betrifft die Betrachtung der unterschiedlichen Touchpoints, darunter bspw. die Karriereseite, die laufende Recruiting-Kommunikation, Bewertungen sowie Bewerbungs- und Onboardingprozesse. Die gezielte Reflektion unter Einbindung der Personal- und Marketingabteilungen hilft, ein gutes Bild der Ausgangssituation und der Handlungsfelder zu zeichnen.  

Definition von Zielgruppen und Positionierung als Arbeitgeber

Liegen alle Informationen vor, besteht der nächste Schritt in der Verdichtung zu einer authentischen und attraktiven Arbeitgebermarke. Ähnlich wie im Marketing umfasst dies die Definition der Zielgruppe (hier: Candidate Persona) sowie die Formulierung eines Alleinstellungsmerkmals – dem Arbeitgeberversprechen (Employer Value Proposition, EVP).

Candidate Persona
Wie bei jeder Persona, handelt es sich bei der Candidate Persona um eine fiktive, aber dennoch realistische Person, die als Prototyp für mögliche Kandidat:innen steht. Candidate Personas werden eingesetzt, um ein umfassendes Bild zu zeichnen, welche Art von Kandidat:innen für eine bestimmte Stelle am besten geeignet scheinen. Sie repräsentieren, was sie sich vom Unternehmen und vom Job erwarten, was sie antreibt und über welche Kanäle und Botschaften sie am ehesten empfänglich sind. 

Mit dem Ansatz der Candidate Personas bekommt die Zielgruppe ein Gesicht und wird daher für viele nachfolgende Überlegungen greifbarer. In der Praxis werden sie u.a. eingesetzt, um:

  • Stellenbeschreibungen gezielt zu formulieren
  • Botschaften und Tonalitäten auf die Personen abzustimmen
  • die Auswahl der Kommunikationskanäle zu präzisieren
  • Bewerbungsprozesse optimiert zu gestalten

Employer Value Proposition
Sind die Zielgruppen der Kommunikation klar, erfolgt mit der Formulierung der Employer Value Proposition (EVP) der zentrale Arbeitsschritt. Als Gesamtheit der Versprechen des Arbeitgebers an seine Mitarbeitenden wird hier auf den Punkt formuliert, mit welchen Argumenten sich ein Unternehmen bei den Mitarbeitenden bewirbt:

  • Was zeichnet das Arbeitsumfeld aus?
  • Wie ist das Lohnniveau und welche Benefits werden gestellt?
  • Welche Kultur und Stimmung prägen das Unternehmen?
  • Für welche Werte steht das Unternehmen?

Formvorgaben für die Formulierung des Arbeitgeberversprechens existieren nicht. Aus der Erfahrung heraus lassen sich die übersichtlichsten Resultate erzielen, indem aus den vorliegenden Informationen einzelne Inhaltsblöcke zusammengefasst und thematisch verbunden werden. Allerdings sollten in der Formulierung sowohl die Übereinstimmung mit den Candidate Personas als auch der Grundsatz der Authentizität besondere Berücksichtigung finden.

Kommunikation und Implementierung

Im Mittelpunkt der Kommunikations- und Implementierungsphase steht die Frage, wie die Employer Branding Strategie wirkungsvoll im Unternehmen verankert werden kann. 

Externe Employer Branding Maßnahmen
Die externe Kommunikation dient im Wesentlichen dazu, die Botschaften der Arbeitgebermarke sowie Vakanzen authentisch und attraktiv nach außen zu tragen. An dieser Stelle erfolgt meist auch die Entwicklung einer kreativen Leitidee bzw. einer Arbeitgeberstory als verbindendes Element der Employer Value Proposition, die die Kommunikation in Tonalität, Layout und Bildsprache maßgeblich prägt. Die Media-Selektion richtet sich nach den Vorgaben und Vorlieben der Candidate Personas. Typische Wege der Kommunikation können sein:

  • Karriereseite
  • Stellenausschreibungen
  • Digitales Marketing inkl. Social-Media und Video
  • Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programme
  • Außenwerbung am Firmensitz
  • Out-of-Home
  • Messen und Veranstaltungen
  • CityCard Aktionen
  • Kooperationen mit Schulen und weiteren Multiplikatoren
  • Siegel (Top Job o.ä.)
  • Active Sourcing

Neben der Kommunikation beinhalten die externen Employer Branding Maßnahmen darüber hinaus auch organisatorische Schnittstellen zum internen Employer Branding. Hier anzuführen sind insbesondere die Reflektion und Optimierung von Bewerbungsprozessen im Sinne der Kandidat:innen, u.a.:

  • Einfachheit der Bewerbung (Anschreiben gefordert?, PDF-Größenbegrenzung?, Expressbewerbung vorhanden?, …)
  • Klare Kommunikation zu Entscheidungshorizonten und Zwischenschritten
  • Digitalisierte Bewerbungsprozesse
  • Informationen im Bewerbungsprozess 
  • Begründete Absagen
  • Onboarding

Interne Employer Branding Maßnahmen
In der Betrachtung der internen Employer Branding Maßnahmen kommen vor allem die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung zum Tragen. Dem einfachen Grundsatz „Bindung entsteht durch Zufriedenheit“ folgend, liegt der Fokus auf der kontinuierlichen Weiterentwicklung der identifizierten Wachstumsbereiche. Maßnahmen des internen Employer Branding können demzufolge sein:

  • Schaffen klarer Entwicklungsperspektiven (fachlich, hierarchisch, …)
  • Schaffen einer klaren Führungs- und Feedbackkultur
  • Aufbau von Lob und Wertschätzungsmechanismen
  • Investition in Arbeitsausstattung
  • Abbau von organisatorischen Reibungspunkten in der Organisation
  • Verbesserung der internen Kommunikation
  • Sinn und emotionale Verbindung schaffen

Employer Branding vs. Personalvermittlung

Bis hier hin wird deutlich, was Employer Branding bedeutet und welchen Nutzen es für Unternehmen in der nachhaltigen Wachstumsstrategie bringen kann. Es wird allerdings ebenfalls deutlich, dass der Aufbau einer Arbeitgebermarke mit seinen beiden Seiten der Medaille einen zum Teil spürbaren Eingriff in die Organisationsstruktur fordert, der von oberster Stelle gewollt und verfolgt werden muss, um Wirkung zu entfalten. 

Als Alternative zum Employer Branding steht die Personalvermittlung als Option zur Verfügung. Die Beschaffung von qualifiziertem Personal funktioniert in der Regel sehr gut und vor allem schnell – ist aber kostenintensiv. 

Was kostet eine Personalvermittlung?
Personalvermittlungen arbeiten in der Regel auf Provisionsbasis. Die Höhe der Zahlung für einen erfolgreich vermittelten Kontakt beträgt aktuell zwischen 20 und 30 Prozent des Jahresgehaltes. Ein Beispiel:

Bei 25% Vermittlungsgebühr
und einem Besetzungsbedarf von fünf Stellen p.a.
bei einem Bruttojahresgehalt von 50.000,- EUR
beträgt die zu zahlende Vermittlungsprovision 12.500,- EUR pro Stelle bzw. 62.500,- EUR / p.a.

Was kostet Employer Branding?
Während das Berechnungsmodell bei Personalvermittlungen recht einfach ist, unterliegt die Entwicklung einer Arbeitgebermarke mehreren Einflussfaktoren, darunter die Größe des Unternehmens, die Zufriedenheit und der aktuelle Stand der Arbeitgebermarke als Ganzes. 

Als Richtwert lässt sich aber sagen, dass sich das initiale Aufsetzen der Arbeitgebermarke sowie die Umsetzung erster Maßnahmen für Unternehmen mit 50 bis 100 Beschäftigten auf etwa 40.000,- und 70.000,- EUR beläuft. In den Folgejahren reduziert sich der Aufwand mithin deutlich. 

Die Frage welche der beiden Formen – oder ob eine Kombination – sinnvoll ist, richtet sich nach dem Personalbedarf und den jeweiligen Umständen. Die Personalvermittlung schafft schnelle Tatsachen und eignet sich oft auch für die Besetzung von Vakanzen mit speziellen Anforderungen. Employer Branding fokussiert die langfristige Entwicklung als Arbeitgeber und den stetigen Zulauf an Bewerbungen.

Fazit

Die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt erfordert von Unternehmen eine proaktive Auseinandersetzung mit dem Thema Fachkräftegewinnung. Um der Herausforderung erfolgreich zu begegnen, ist es für Unternehmen entscheidend, die eigene Situation zu verstehen und zu bewerten. 

Die Deckung des Personalbedarfs bietet grundsätzlich zwei Optionen: Employer Branding zielt darauf ab, das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu bewerben und organisatorische Veränderungen herbeizuführen, die die Mitarbeiterbindung stärken. Eine gut ausgearbeitete Employer Branding Strategie kann Unternehmen helfen, die Auswirkungen des demographischen Wandels langfristig abzufedern.   

Die Personalvermittlung hingegen bietet eine schnelle, effektive Lösung für akuten Personalbedarf, allerdings zu hohen Kosten. Oft ist eine Kombination aus beiden Optionen sinnvoll. 

Zurück


Einwilligung zur Nutzung. Wir möchten die Informationen auf dieser Webseite und auch unsere Leistungsangebote auf Ihre Bedürfnisse anpassen. Zu diesem Zweck setzen wir sog. Cookies ein. Entscheiden Sie bitte selbst, welche Arten von Cookies bei der Nutzung unserer Website gesetzt werden sollen. Die Arten von Cookies, die wir einsetzen, werden in unserer Datenschutzerklärung näher beschrieben. Sie können Ihre Einwilligung später jederzeit ändern / widerrufen indem Sie in der Datenschutzerklärung entsprechende Anpassungen vornehmen. Mit Klick auf „Alles Ablehnen“ werden alle nicht notwendigen Cookies abgelehnt..